Die Wassermühle Ernst Malzfeldt an der Innerste
(von Stadtheimatpfleger Werner Vahlbruch)

Die Geschichte der Sarstedter Mühle reicht bis in das 14. Jahrhundert zurück. Ursprünglich war die Mühle bischöfliches Tafelgut. Seit über 600 Jahren ist die Wasserkraft des Flusses "Innerste", die im Oberharz entspringt und wenige Kilometer nördlich von Sarstedt in die Leine mündet, für Sarstedt von Bedeutung. In einem Revers aus dem Jahr 1353 am St. Agnetentage wird erwähnt, dass Johann von Escherde und seine Mutter erklären, dass sie dem Fürstbischofe von Hildesheim auf ihre Forderung an dieser Mühle Verzicht getan hätten. 1371 verkauften die Brüder Volkmar die Mühle an den Müller Brand in Hasede. Die Hoheit über die bereits 1333 erwähnte Sarstedter Mühle war zwischen den Herzögen von Braunschweig und den Bischöfen von Hildesheim lange streitig. Nachdem die Herzöge angegeben hatten, dass die Mühle zu Sarstedt von deren Vorfahren in der Zeit von 1519 bis 1643 akquiriert sei und dieses beweisen konnten, sollte dem so sein. Die Landeshoheit verblieb jedoch uneingeschränkt bei Hildesheim. Selbst 1715 bis 1720 erhob das hildesheimische Amt Ruthe noch Anspruch auf die Jurisdiktion über die zum Amt Koldingen (Fürstentum Calenberg) gehörende Sarstedter Mühle.

Später ging die Mühle an die Hannoversche Regierung über. Diese ließ in den Jahren 1733/1734 einen vollständigen Neubau des Wehres und des Mühlengebäudes herstellen. Der Bau wurde so gut und solide ausgeführt, dass noch heute Teile davon vorhanden sind.
Beim Neubau der Mühle im Jahre 1924 konnten die ca. 2 Meter starken Quadermauerwerk-Fundamente der alten Mühle mit verwandt werden. Aus dieser Zeit sind noch zwei Stiftungstafeln mit Inschrift "12 July Anno 1734" und "Providentia Georgii II Regis et Electoris Hoc Opus Publicae Utilitate Dicat" vorhanden. Eine der Stiftungstafeln befindet sich über der Eingangstür des Hauptgebäudes. Wiederholt sind auf dem Grundstück der Mühle historische Funde gemacht worden. So wurde u.a. beim Turbinenbau im Jahre 1900 ein Thaler aus der Zeit des Kaisers Matthias (1612 bis 1619) eingemauert gefunden.
Im Jahre 1853 schrieb die hannoversche Regierung die Sarstedter Wassermühle zum Verkauf aus. Der Getreidekaufmann Ernst Malzfeldt, gebürtig aus Isingerode/Harz und ansässig in Hildesheim erhielt den Zuschlag und übernahm am 1. Mai 1854 die Mühle. Die Mühle besaß zum Antrieb sechs unterschächtige Wasserräder, die in zwei Wasserradgerinnen zu je drei hintereinander angeordnet waren. Sie arbeitete, wie alle Mühlen der damaligen Zeit, handwerksmäßig für die Lohnmüllerei.
Der neue Besitzer brachte neue Ideen und Pläne mit und baute die Mühle nach kaufmännischen Gesichtspunkten aus. Die Sarstedter Wassermühle war die erste Handelsmüllerei im Königreich Hannover.

Es muss recht schwierig gewesen sein, die Bäckermeister jener Zeit davon zu überzeugen, statt Getreide Mehl einzukaufen. Die Bäcker kauften damals ihr Getreide selber vom Landwirt oder Händler und ließen es in der nächsten Mühle mahlen. Einen großen Boden voll Korn liegen zu haben, gehörte zum Privileg eines Bäckermeisters. Schnell haben die Bäcker jedoch ihre ablehnende Haltung beiseite geschoben und verbackten von nun an nur noch "Malzfeldt-Mehl".

Bereits 1858 reichte das alte Mühlengebäude nicht mehr aus und am anderen Ufer der Innerste wurde ein neues Mühlengebäude zur Herstellung von Weizenmehl für die Handelsmüllerei gebaut. 1864 wurde der erste Getreide-Silo-Speicher erbaut und 1868 anstelle der Wasserräder die ersten drei Turbinen eingebaut. Das Werk blühte immer mehr auf, und mit der Steigerung der Vermahlungsmenge stieg auch der Kraftbedarf der Mühle. So mussten im Jahre 1875 zwei weitere Turbinen eingebaut werden und - um die Mühle von Hochwasser unabhängig zu machen - wurde im selben Jahre die erste Dampfmaschinenanlage errichtet. Große Speicherbauten zur Lagerung von Getreide und eigene Lagerräume für Fertigfabrikate mussten in der Folgezeit errichtet werden.

Die meisten Gebäude tragen noch heute das Datum ihrer Entstehung. Vorherrschende Stilbewegungen bestimmter Epochen lassen sich gut erkennen. Von den ältesten Gebäuden stammen die untersten Stockwerke des Mühlengebäudes und des Wohn- und Geschäftshauses an der Mühlenstraße aus dem Jahr 1734.
Trotz ständiger Weiterentwicklung wird seit einigen Jahren das Müllerhandwerk in der Sarstedter Mühle nicht mehr betrieben. Mit dem Verkauf der Vermahlungsquote wurde am 30.11.1965 der Mühlenbetrieb stillgelegt.

Seit dieser Zeit setzt das Unternehmen voll auf die Stromgewinnung. Die ersten Schritte, die Wasserkraft zur Stromerzeugung zu nutzen, erfolgten bereits im Jahre 1958 mit der Stilllegung der Dampfmaschinenanlage und der Elektrifizierung.

Der Elt-Anschluss an das öffentliche Netz der HASTRA wurde installiert. Überschüssige Energie aus Wasserkraft wurde an die HASTRA geliefert, fehlende Energie für den Betrieb wurde als Strom von der HASTRA bezogen.

Heute wird die gesamte Energie aus Wasserkraft bis auf den geringen Stromverbrauch der auf dem Werksgelände angesiedelten Gewerbebetriebe in das öffentliche Netz der AVACON eingespeist. Das Wasserkraftwerk Malzfeldt geht damit wegweisend in die Zukunft.

Besichtigung der Wasserkraftanlage und des Mühlenmuseums nach Vereinbarung. Anmeldung bei Herrn Andreas Gleim, Mühlenstraße 2, 31157 Sarstedt (Tel.: 05066/7305).